1.28.2009

Die Kriegskinder (Hamburger Abendblatt)


Es sind gar zu viele Bücher im runden Revolutions-Gedächtnis-Jahr auf uns geprasselt, aber das Interesse an der Generation der Kriegskinder ist berechtigt. Was ist es, was die Nachkommen der Täter antrieb? Den Franzosen Alban Lefranc, Schriftsteller, Jahrgang 1975, faszinierten die Lebensläufe von drei Deutschen, die Künstlerlaufbahnen einschlugen und, zumindest zwei von ihnen, weltweit bekannt wurden: Rainer Werner Fassbinder, Regisseur, und Nico, geborene Christa Päffgen, Chanteuse und Model. Der Dritte im Bunde ist freilich der Wichtigste, Bernward Vesper, Verleger und Schriftsteller. Außerdem Vater des Kindes von Gudrun Ensslin und Sohn von Nazi-Dichter Will Vesper. Bernward, der seine Frau an Baader und die RAF verlor, identifizierte sich psychisch so sehr mit der schuldhaften Geschichte seines Vaters, dass ihm nur der Weg in den frühen Freitod blieb. Auch die anderen beiden wurden nicht alt.

Es sind dramatisch-künstlerische, antibürgerliche Lebensläufe, die alle durch ihren Generationszusammenhang verbunden sind. Lefranc hat sein Buch "Angriffe" genannt, weil seine außergewöhnlichen Biographien in die gewöhnlichen schneiden. Es ist eine gesellschaftliche Wunde, die da zurückbleibt.

Lefranc benutzt Originalquellen, beschreibt die Lebensläufe aber trotzdem in spannend erzählter Doku-Romanform. Neues erfährt der Leser nicht, aber er taucht noch einmal ein in eine bereits untergegangene Zeit der Rebellion.

erschienen am 10. Januar 2009

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